(lacht)
(lacht laut)
(lacht noch lauter)
Manche Kolleginnen und Kollegen pflastern damit ihre Interviews. Warum machen die das?
Ein gutes Interview lebt davon, dass es Ansichten, Meinungen, Anekdoten eines Gesprächspartners wiedergibt. Und zwar in der Sprache des Interviewten, samt Wiederholungen, Redundanzen, mundartlichen Besonderheiten und so weiter.
Die meisten dieser Regieanweisungen sind deshalb überflüssig und banal.
Überflüssig, weil sie dem dem Leser vorgeben, was er jetzt vor seinem inneren Ohr zu hören (lacht) oder vor seinem inneren Auge zu sehen hat (gestikuliert mit den Händen). Verzweifelte Versuche, etwas sicht- oder hörbar zu machen, das doch eigentlich der Interviewtext selbst abbilden müsste. Und wenn es der Text nicht schafft, diese Assoziationen auszulösen, dann sind die Regieanweisungen ein billiger Ersatz.
Banal, weil sie fast nie etwas wirklich Interessantes, Unsagbares, oder genauer: durch geschriebene Rede Unsagbares transportieren. Ein Beispiel:
ZEIT: (…) Darin sagt Jeanne Moreau den Satz. [sic!] „Im Gefängnis werde ich alt und hässlich sein …
ALMODOVÁR: (fällt ins Wort) … aber auf diesen Fotos werden wir immer jung und schön sein.“
(„Eine Art Gott“, Zeit Nr 33/2009)
Ja, natürlich fällt er ins Wort, deshalb ja die drei Auslassungspunkte! Mit dieser Betonung wird es mir einfach zu viel, zu betont.
Ich muss da immer an die vielen journalistischen Porträts von Größen aus Wirtschaft oder Politik denken, wo immer mit der Handkante durch die Luft oder auf den Tisch gefahren wird.
Also: Regieanweisungen sind Krücken. Und ein gutes Interview kommt ohne Krücken aus und läuft stattdessen auf eigenen Beinen.
Ende der Durchsage.
Allerdings! Und noch etwas anderes Schlimmes, was gelegentlich auch in Interviews vorkommt (vornehmlich aber in anderen Texten): Anführungszeichen bei nicht ganz ernst gemeinten Worten. Ich finde: Entweder man traut sich und dem Leser die Wortwahl zu – oder man muss es lassen.
ein Bild sagt mehr als tausend Worte…
ich bin mir in Interviews manchmal nicht sicher, wie der Interviewte etwas gesagt hat: Ironie und Witz sind ja z.B. dann umso stärker, wenn man sie am Wortlaut nicht direkt erkennt. Meine nur: Manchmal sind diese Anweisungen sinnvoll: als Lese- bzw. Kontexthilfe
Stimmt schon. Noch nerviger finde ich allerdings das, was bei Spiegel-Interviews immer vorkommt – da werden dann erklärende Kommentare der Redaktion in den vermeintlichen Interview-Fluss eingebunden, etwa so:
B: Das ist richtig! Meine Ex-Frau Gloria…
A: … mit der sie von 1986 bis 1999 verheiratet waren und zwei Kinder haben…
B: … hat das ähnlich gesehen.
Absolut grauenhaft.
Grundsätzlich ja! Als ich eine Beschreibung dieses Artikels auf BILDBlog las, dachte ich zuerst, es ginge um Scripting in (TV-)Interviews, bei dem der Interviewte womöglich von der Regie Dinge wie „lacht“ vorgeschrieben bekommt!
Das gewählte Beispiel ist natürlich extrem, aber ich denke, man sollte das trotzdem nich so stark pauschalisieren. Sparsam in ein ansonsten „kaltes“ und sachlich-unemotionell geführtes Interview eingestreute Hinweise, wie „lacht“, können auch konstruktiv zu genau dem beitragen:
„Ein gutes Interview lebt davon, dass es Ansichten, Meinungen, Anekdoten eines Gesprächspartners wiedergibt. Und zwar in der Sprache des Interviewten, samt Wiederholungen, Redundanzen, mundartlichen Besonderheiten und so weiter.“
Regieanweisungen, die nur aus einem oder wenigen Worten bestehen, die man schnell in eine Klammer quetscht sind in der Tat oft seltsam. Nicht etwa, weil sie Dinge sagen, die man schon wüßte oder gar nicht wissen möchte, sondern weil sie zuwenig sagen. Ein geschriebenes Interview muß für mich als Leser möglichst viele Informationen des tatsächlichen Interviews enthalten. Wenn man mal ein Video mit einer Mitschrift vergleicht, fehlt der Mitschrift vieles. Das Entgleisen der Gesichtszüge bei unerwarteten und unangenehmen Fragen, nervöse Handlungen, etc. Ich finde es schon interessant, wie z.B. ein Politiker dreinschaut, wenn er über bestimmte Dinge redet.
Man möge durchaus längere Passagen einfügen, die die Reaktionen des Gegenüber dokumentieren. Ein (lacht) reicht mir da nicht aus. Lacht er hämisch, ist es mehr ein trockener Lacher oder aus vollem Hals, ein höfliches geschnauftes Grinsen oder fand er es wirklich komisch? Ich will das schon genau wissen…
Holsteiner
Da bin ich ganz deiner Meinung Holsteiner, ein gutes Interview geht über Frage/Antwort hinaus und versucht den Interviewpartner für den Leser lebendig werden zu lassen.
Allerdings sehe ich das mit den Regieanweisungen nicht ganz so eng, schließlich unterbricht eine Regieanweisung weniger den Interviewfluss als ein ganzer beschreibender Satz. Wenn man z.B. schon einmal geschrieben hat, das jemand während des Interviews mehrmals „in schallendes Gelächter“ verfällt, dann reicht mir die Regieanweisung (lacht) aus.
Wenn in einer Regieanweisung steht (lacht gekünstelt), ist das für mich auch ok, es muss ja auch nicht gleich dastehen: „X lacht gekünstelt, anscheinend findet sie das nicht so lustig.“
Letztendlich wird die nonverbale Kommunikation auch nur durch den Interviewer wahrgenommen und interpretiert, was im Interview steht, wäre durch den Leser in der selben Situation vielleicht ganz anders interpretiert worden. Das nur noch als abschließender Gedanke.
Ein gelegentlicher Interviewleser (denkt nach)
Sicher gibt es ein zuviel an Regieanweisungen. Die genannten Beispiele zeigen das deutlich. Aber die Kritikpunkte sind nicht immer angebracht.
Die Regieanweisunen und die Wortwahl stammen ja nicht von derselben Person.
Wenn der Interviewtext ohne die Einschübe nicht verständlich ist, dann ist dies ja nicht die Schuld des Journalisten, und erst recht liegt es nicht bei ihm, den Text selbst zu korrigieren. Und wenn ein Satz ohne das in Klammern gesetzte „lacht“ nicht zu verstehen ist, dann kann das doch nicht weggelassen werden.
„Und wenn es der Text nicht schafft, diese Assoziationen auszulösen, dann sind die Regieanweisungen ein billiger Ersatz.“
Selbst wenn diese Aussage stimmt, liegt der Fehler nicht bei dem, der die Regieanweisung einsetzt. Der Text steht. Billig oder nicht, am Ende muss er verständlich sein.
Worüber regt ihr euch eigentlich auf? Dass nicht alle die elitäre Lesart, aus … eine Unterbrechung zu interpretieren, beherrschen?
Habt ihr nichts besseres zu tun?
Öh…nö. Soweit ich das überblicke, hat sich darüber niemand aufgeregt und um drei kleine Punkte ging es auch eher weniger.
Nichts für ungut. (Sollte sowieso lieber schlafen.)
Gerade obiges Beispiel aus der Zeit finde ich eher unpassend:
Den gerade hier ist es wichtig, dass der Interviewte ins Wort fällt. Es könnte doch auch sein, dass der Interviewer einen Satz angefangen hat und den Interviewten nonverbal auffordert diesen zu vollenden..
Das wäre zumindest meine Interpretation, wenn das *fällt is Wort* fehlen würde.
Dadurch das der Interviewte ins Wort fällt, stelle ich mir seine Reaktion emotionaler for…
Ich bin ganz und gar nicht Deiner Meinung. Mag vielleicht sein, dass diese Anweisungen das ein oder andere Male übertrieben eingesetzt werden,- dennoch machen eben diese die Diskussion oder die Teilnehmer nahbarer, einschätzbarer oder enttarnen gar Ironie, Witz oder Verzweifelung, die man im reinen Text übersehen hätte.